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Kategorie: Vertragsrecht

Bank trägt Schaden für gestohlene EC-Karte

Geldautomat, Geheimnummer, Diebstahl, Kontoinhaber, Haftung, Schaden


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 18.09.2000
OLG Oldenburg, Urteil vom 29.08.2000, Az. 9 U 23/00

Dieb bricht mit Nachschlüssel ein und stiehlt EC-Karte - Bank trägt den Schaden

Zusammenfassung:
In Osnabrück stahl im September 1995 ein Dieb eine EC-Karte aus einer Wohnung. Mit der richtigen Geheimnummer hob er dann 9.000,- DM an Geldautomaten ab. Die Bank belastete damit das Konto der Bestohlenen. Das OLG Oldenburg hat die Bank nun dazu verurteilt, den abgebuchten Betrag an die Kontoinhaberin zurückzuzahlen. Allein aus dem Umstand, daß die Geheimnummer benutzt worden sei, könne nicht im Wege des Anscheinsbeweises angenommen werden, daß die Kontoinhaberin die PIN-Nummer grob fahrlässig aufbewahrt habe. Es sei nicht auszuschließen, daß der Dieb, der den Sohn der Kontoinhaberin persönlich kannte und mit einem Nachschlüssel eingebrochen war, die Nummer auf andere Weise erfahren habe.

Langinformation:
Im September 1995 wurde in eine Osnabrücker Wohnung, deren Inhaberin in Urlaub war, mit einem Nachschlüssel eingebrochen. Der Dieb entwendete eine EC-Karte. Mit dieser hob der Dieb anschließend insg. 9000,- DM an Geldautomaten ab, wobei er die richtige Geheimnummer verwendete. Die kontoführende Bank belastete die Kontoinhaberin mit dem abgehobenen Betrag.

Die Kontoinhaberin verklagte die Bank vor dem Landgericht Osnabrück auf Rückzahlung der Summe. Das Landgericht Osnabrück kam zu der Auffassung, daß die Kontoinhaberin den Schaden selber tragen müsse. Die Umstände der Tat sprächen in typischer Weise dafür, daß die Kontoinhaberin die Geheimnummer für den Dieb leicht zugänglich und damit grob fahrlässig verwahrt habe. Dieser sog. Anscheinsbeweis sei hier möglich.

Auf die Berufung der Kontoinhaberin hat das Oberlandesgericht Oldenburg das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Bank zur Zahlung verurteilt. Ebenso wie das Landgericht konnte es auch nach Vernehmung des Diebes und weiterer Zeugen nicht feststellen, in welcher Weise der Dieb die Geheimnummer erfahren hatte. In den Urteilsgründen heißt es dann weiter:

„Einen Anscheinsbeweis kann der Senat jedenfalls in diesem Fall nicht annehmen: Hier hatte sich der Dieb mittels eines Nachschlüssels den Zugang zu der Wohnung der Klägerin verschafft. Der Dieb kannte persönlich den Sohn der Klägerin, wusste deren Adresse und war mit der früheren Freundin des Sohnes befreundet. Es ließ sich auch nicht ausschließen, daß die Sicht auf das Eingabefeld beim Geldautomaten, den die Klägerin regelmäßig benutzte, durch ein Fenster der Filiale in einer Entfernung von 2,50 m ... möglich war. In dieser Situation, in der sich der Täter bereits mit dem Tatumfeld vor der Tat selber beschäftigte, kann eszumindest keinen Anscheinsbeweis für ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin durch eine Aufbewahrung der PIN-Nummer zusammen mit der Eurocheque-Karte geben.“