Druckversion
Kategorie: Vertragsrecht

Wertminderung einer Immobilie

Eigentum, Grundstück, Schadensersatz, Miteigentum, Schaden, Wertminderung, Entschädigung


BGH, Urteil vom 17.01.2002, Az. III ZR 315/00

Leitsatz:

Zum Anspruch auf Ersatz des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags und der Wertminderung bei einem beschädigten Hausgrundstück, das nach Schadenseintritt zu einem über dem Verkehrswert in unbeschädigtem Zustand liegenden Preis veräußert worden ist.

Aus der Urteilsbegründung:
"(...) 1. Wie der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (...) durch Urteil vom 4. Mai 2001 entschieden hat, erlischt der Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB auf Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags bei Übertragung des Eigentums an einem beschädigten Grundstück dann nicht, wenn er spätestens mit Wirksamwerden der Eigentumsübertragung an den Erwerber des Grundstücks abgetreten wird. Er hat damit in Bezug auf den Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB seine weitergehende Rechtsprechung in BGHZ 81, 385, 392 aufgegeben, die das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrundegelegt hat und die nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung zum Anspruchsgrund der Klägerin den Anlaß dafür gegeben hat, den zunächst von ihr verfolgten Herstellungsanspruch im weiteren Verfahren zugunsten eines Ersatzes der Wertminderung zurückzustellen.(…)

Nach den Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils und im Grundurteil wurden die Ansprüche auf Schadensersatz des im Zeitpunkt des Schadenseintritts alleinigen Eigentümers und diejenigen seines Bruders, des späteren Miteigentümers, an die Klägerin abgetreten, bevor diese als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. Danach könnte die Klägerin auf der Grundlage dieser neueren Rechtsprechung Ersatz der zur Wiederherstellung erforderlichen Kosten verlangen.

2. Die Klägerin ist nicht gehindert, ihren Ersatzanspruch wieder auf § 249 Satz 2 BGB zu stützen. Sie hat den Anspruch auf Ersatz der Wiederherstellungskosten in ihrem Schriftsatz vom 29. Januar 1997 entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht fallengelassen. Auch das Berufungsgericht, das sich im angefochtenen Urteil mit diesem Anspruch befaßt hat, hat dies so gesehen. Im Grundurteil hat es zum Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB ausgeführt, nachdem die Klägerin den Schaden nunmehr auf die eingetretene Wertminderung stütze, sei die Darlegung des Schadens, die bis dahin lediglich durch Bezeichnung der auf die Schadensbeseitigung entfallenden Kosten erfolgt sei, nicht mehr unschlüssig. Die Klägerin berücksichtige damit, daß die Kosten einer - nicht durchgeführten - Reparatur eines Hausgrundstücks gemäß § 249 Satz 2 BGB nicht verlangt werden könnten, da der Schadensersatzanspruch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der Veräußerung des Grundstücks untergegangen sei und der Geschädigte auf den Wertsummenausgleich gemäß § 251 BGB verwiesen sei. Insoweit gibt das Grundurteil lediglich die seinerzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wieder, ohne über den Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB selbständig im Wege einer die Klage abweisenden Teilentscheidung zu befinden.

3. Ist der Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB durch die Veräußerung des Grundstücks infolge der Abtretung des Ersatzanspruchs nicht erloschen, weil dem Rechtsnachfolger der früheren Eigentümer unter diesen Umständen das Herstellungsinteresse nicht abzusprechen ist, und ist dieser Anspruch in der jetzt noch weiterverfolgten Höhe zur Entschädigung der Klägerin genügend, liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 251 Abs. 1 BGB nicht vor. In diesem Umfang kommt der Restitution nämlich der Vorrang vor der Kompensation zu.

III. Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zu den geltend gemachten Kosten der Wiederherstellung keine Feststellungen getroffen hat. Sollte die erneute Verhandlung ergeben, daß die Klägerin - sollte der vorrangige Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB zur Entschädigung nicht genügen - ganz oder zum Teil auf einen Anspruch nach § 251 Abs. 1 BGB zurückkommt, bestehen gegen die bisherige Beurteilung durch das Berufungsgericht ebenfalls durchgreifende Bedenken.

 

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt, daß es im Rahmen eines Anspruchs nach § 251 BGB entscheidend auf eine durch die Schädigung eingetretene Einbuße im Vermögen des Geschädigten ankommt. Ein entsprechender Wertverlust wird sich bei geordneten Marktverhältnissen regelmäßig in einem schadensbedingt entstehenden Mindererlös als Wertminderungsschaden niederschlagen. Das wird etwa deutlich, wenn der Veräußerer und der Erwerber für die bereits ersichtliche und auch für eine etwa künftig noch zutage tretende Wertminderung einen Abschlag auf den Kaufpreis vornehmen. Das bedeutet jedoch nicht, daß nur unter solchen Umständen ein Kompensationsanspruch bestünde.

Bei dem Anspruch aus § 251 Abs. 1 BGB ist die Differenz zwischen dem Wert des Vermögens, wie es sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde, und dem durch das schädigende Ereignis verminderten Wert zu ersetzen. Bezogen auf den Zeitpunkt der Schädigung wird regelmäßig davon auszugehen sein - Gegenteiliges ist hier nicht festgestellt -, daß das Vermögen durch die am Grundstück eingetretenen Frost- und Durchfeuchtungsschäden eine Wertminderung erfahren hat, wobei etwa erforderliche Wiederherstellungsaufwendungen bei der Bemessung des Minderwertes Berücksichtigung finden können. Die - mehr oder minder zufällige - anschließende Veräußerung der beschädigten Sache bedarf wegen ihrer schadensrechtlichen Auswirkungen einer wertenden Betrachtung, die über den bloßen Vergleich des Kaufpreises mit dem Verkehrswert des unbeschädigten Vermögensgegenstands hinausgeht. Für die rechtliche Beurteilung macht es z. B. keinen maßgeblichen Unterschied, ob die Parteien eines Kaufvertrags wegen der eingetretenen Wertminderung einen Abschlag auf den Kaufpreis vornehmen, den der Veräußerer sodann nach § 251 Abs. 1 BGB ersetzt verlangt, oder ob der Kaufpreis gegen Abtretung der Schadensersatzansprüche so bemessen wird, als sei der Kaufgegenstand unbeschädigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wovon hier mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich auszugehen ist - der abgetretene Schadensersatzanspruch werthaltig ist. Unter solchen Umständen ist die Betrachtung des Vermögens des Veräußerers unvollständig, wenn ohne Berücksichtigung der Abtretung lediglich der Kaufpreis mit dem Verkehrswert des unbeschädigten Hausgrundstücks verglichen wird. Ferner ist zu bedenken, daß ein über den Verkehrswert des Grundstücks hinausgehender Erlös darauf beruhen kann, daß der Veräußerer von vornherein nicht bereit ist, sich mit einem dem Verkehrswert entsprechenden Kaufpreis zu begnügen, oder daß der Käufer ein den Verkehrswert übersteigendes Erwerbsinteresse hat. Diese Gesichtspunkte, die legitimerweise Grundlage einer vertraglichen Regelung sein können, stehen in keinem Zusammenhang zum Schädigungstatbestand und rechtfertigen eine Entlastung des Schädigers nicht (zum Einfluß dieser Gesichtspunkte auf die Anrechnung von Vorteilen. (…)“