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Kategorie: Schmerzensgeld

Schadensersatz und Schmerzensgeld bei Körperverletzung durch Tierarzt

Tierarzt, Unfall, Fahrlässigkeit, Verletzung, Schadensersatz, Schmerzensgeld, Haftung, Haushaltshilfe


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 30.04.2001
OLG Oldenburg, Urteil vom 18.01.2001, Az.1 U 107/00

Hilfestellung für den Tierarzt - mit Folgen

Leistet ein Hundehalter einem Tierarzt Hilfestellung, so kann das üble Folgen haben. Dies zeigte sich, als ein Tierarzt im Oktober 1995 nach einer Operation einem Rottweiler die Fäden ziehen wollte. Der Arzt hatte bei seinem Hausbesuch in Westerstede die Hundehalterin gebeten, das Tier festzuhalten - was sie auch tat. Noch bevor ein Faden gezogen war, ruckte der Hund, wodurch der Arzt mit dem Skalpell ausrutschte. Dabei traf er den linken Unterarm der damals 28 jährigen Hundehalterin so unglücklich, dass der Mittelnerv ganz und die lange Daumen-Beugesehne teilweise durchtrennt wurde. Die Frau musste sofort operiert und noch lange behandelt werden. Der Tierarzt muss nun knapp 30.000,- DM als Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie eine monatliche Rente von 450,- DM bezahlen.

Die Hundehalterin klagte 1998 vor dem Landgericht Oldenburg. Das Landgericht verurteilte zunächst den Arzt dem Grunde nach zur Zahlung. Er hafte wegen - leichter - Fahrlässigkeit, weil er jedenfalls beim Hantieren mit dem Skalpell hätte ausschließen müssen, dass er durch Ausrutschen jemanden verletzten könne. Notfalls hätte er den Hund betäuben müssen.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens verurteilte das Landgericht im September 2000 den Tierarzt zur Zahlung von 8.000,- DM Schmerzensgeld, weiteren 30.680,57 DM als rückständigen Schadensersatz für die Nachteile bei der Haushaltsführung und zur Zahlung einer monatlichen Rente von 630,- DM zum Ausgleich der zukünftigen Haushaltsführungsschäden. Ein solcher Ausgleich für "Haushaltsführungsschaden" kann auch dann beansprucht werden, wenn der Geschädigte tatsächlich keine fremde Hilfe in Anspruch genommen hat. Ein Schädiger muss in jedem Fall das bezahlen, was eine Haushaltshilfe gekostet hätte.

Der medizinische Gutachter hatte festgestellt, dass die Feinmotorik der linken Hand dauerhaft beeinträchtigt und die Fähigkeit der Hundehalterin zur Haushaltsführung dadurch zunächst zu 20 %, später zu 15 % vermindert war. Der Schadensersatz fiel vor allem deshalb so hoch aus, weil bei der Hundehalterin über 70 Wochenstunden als Hausarbeit anzusetzen waren. Sie erledigt nämlich allein die Hausarbeit für die 8-köpfige Familie (6 Kinder, Ehemann und sich selbst), versorgt ein großes Bauernhaus und den Garten. Bereits durch die teilweise Beeinträchtigung ergaben sich deshalb im Ergebnis eine Vielzahl von Ausfallstunden.

In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht Oldenburg die Beträge, die für den Haushaltshilfeschaden zu ersetzen sind, reduziert. Das Landgericht hatte die Höhe des Schadens anhand der Kosten für eine Ersatzkraft berechnet, die nach BAT VIb bezahlt werden musste. Dies hielt das OLG nur für die Zeit unmittelbar nach der Verletzung für richtig. Wie des Gericht ausführt, genüge ab 1996 aber eine einfache Hilfskraft, die nach BAT X bezahlt werden könne. Als Ausgleich für den bereits entstandenen Haushalthilfeschaden ergäben sich deshalb nur 20.747,- DM, als monatliche zukünftige Rente genügten 450,- DM. Im übrigen wurde die Berufung des Tierarztes (bei der es nur um die Höhe des Schadens ging) zurückgewiesen.