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Kategorie: Schmerzensgeld

Pflichten für Inlineskater im Straßenverkehr

Skater, Fahrbahn, Unfall, Verkehrsunfall, Schadensersatz, Schmerzensgeld, Haftung, Mitverschulden


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 18.08.2000
OLG Oldenburg, Urteil vom 15.08.2000, Az. 9 U 71/99

Inlineskater müssen außerhalb geschlossener Ortschaften rechts fahren

Zusammenfassung:
Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hat jetzt entschieden, dass für Inlineskater nicht die Vorschriften für Fußgänger gelten. Außerhalb geschlossener Ortschaf­ten müssen sie nach Auffassung des Gerichts auf der rechten Fahrbahn laufen. Das OLG wies u.a. mit dieser Begründung die Schmerzensgeldklage einer Inlineskaterin ab, die außerorts mit einem entgegenkommenden Motorroller kollidiert war.

Langinformation:
Eine Inlineskaterin stieß im Juni 1998 auf der Straße Bührener Esch in Bramsche in einer langgezogenen Linkskurve mit einem entgegenkommenden Motorroller zusammen. Die Straße liegt außerhalb der geschlossenen Ortschaft, ist ca. 5 m breit und hat weder Seitenstreifen noch Rad- oder Fußgängerweg. Die Parteien streiten darüber, wo die Skaterin auf der Fahrbahn lief; jedenfalls lief sie nicht am rechten Fahrbahnrand. Sie wurde bei dem Unfall schwer verletzt (u.a. Beckenringbruch, Schienbeinkopftrümmerfraktur, Schlüssel­beinbruch, Schädelhirntrauma). Sie mußte mehrfach operiert werden, lag über zwei Monate im Krankenhaus und wurde anschließend in einer Rehaklinik behandelt.

Die Skaterin verklagte den Fahrer des Motorrollers und seine Versicherung auf Ersatz von ca. 9.000,- DM materieller Unfallschäden und auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von minde­stens 60.000,- DM. Das Landgericht Osnabrück sprach den materiellen Schaden zu und wies die Klage auf Schmerzensgeld ab. Dagegen legten beide Parteien Berufung ein.

Nachdem es mit den Beteiligten die Unfallstelle besichtigt und ein Sachverständigengutachten über den Unfallhergang eingeholt hatte, hat das OLG Oldenburg die Abweisung des Schmer­zensgeldes mit Urteil vom 15.8.2000 bestätigt. Hinsichtlich des materiellen Schadensersatzes hat es durch Grundurteil ausgesprochen, dass die Inlineskaterin nur 40 % ihrer Schäden ersetzt verlangen kann.

Wie das Landgericht kommt auch das OLG zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf Schmer­zensgeld daran scheitere, dass ein Verschulden des Motorrollerfahrers - das hierfür erforderlich wäre - nicht bewiesen sei. Es habe sich nämlich nicht feststellen lassen, ob die Inlineskaterin dem Motorrollerfahrer in der Mitte der gesamten Fahrbahn entgegengekommen und erst unmit­telbar vor der Begegnung überraschend in die Fahrbahn des Motorrollers geraten sei (so der Motorrollerfahrer) oder ob sie von vornherein in der Mitte der für sie linken Fahr­bahn gefahren sei, so dass für den entgegenkommenden Rollerfahrer frühzeitig erkennbar gewesen sei, dass er hätte ausweichen oder notfalls anhalten müssen (so die Inlineskaterin). Ein Verschulden des Rollerfahrers wäre nur zu bejahen gewesen, wenn die Darstellung der Inlineskaterin bewiesen worden sei. Das sei nicht der Fall.

Den Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden, für den die Beklagten kraft Betriebsgefahr auch ohne Verschulden des Motorrollerfahrers haften, hat das OLG auf eine Quote von 40 % reduziert. Der Inlineskaterin sei ein Mitverschulden vorzuwerfen, u.a. weil sie nicht rechts gefah­ren sei. Die Vorschriften für Fußgän­ger, die gemäß § 24 StVO für Rollstühle, Kinderwagen, Roller und ähnliche Fortbewegungsmit­tel gelten, seien nicht anwendbar. Inlineskates könnten nicht als „ähnliche Fortbewegungsmittel“ angesehen werden. Mit ihnen werde in der Regel ein Tempo wie mit Fahrrädern erreicht. Sie benötigten aber eine Spurbreite von 1,3 m, einen langen Bremsweg und seien generell tech­nisch wesentlich schwerer als Fahrräder abzubremsen. Sie könnten deshalb den langsamen und ungefährlicheren Rollstühlen, Kinderwagen etc. nicht gleichgestellt werden.Selbst wenn man im übrigen § 24 StVO für anwendbar halte, gestatte dieser nur das Laufen am unmittelbaren linken Fahrbahnrand und keinesfalls in der Mitte der - vom Läufer aus gesehen - linken Fahrbahn. Schließlich sei der Inlineskaterin anzulasten, dass sie nach den Feststellungen des Sachverständigen den Unfall auch durch rechtzeitiges Ausweichen bzw. Abbremsen hätte vermeiden können.