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Kategorie: Zivilrecht

Hundehalter haftet für Sturz

Hund, Tierhalter, Unfall, Sturz, Verletzung, Schadensersatz, Schmerzensgeld


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 28.02.2002
OLG Oldenburg, Urteil vom 04.02.2002, Az 11 U 79/01

Hundehalter haftet für Sturz

Kommt ein Mensch zu Fall, weil mehrere Hunde auf ihn zulaufen, haften alle Halter der beteiligten Hunde für den entstandenen Schaden

Kurzinformation:
Stürmen mehrere Hunde auf einen Menschen zu und kommt dieser zu Fall, haften ihm die Hundehalter auf Schadensersatz; dabei ist es egal, welcher der Hunde den Menschen konkret angestoßen hat und ob er überhaupt angestoßen wurde oder bei einer Ausweichbewegung gestürzt ist. Mit dieser Begründung änderte der 11. Zivilsenat des OLG Oldenburg am 04.02.2002 ein Urteil des Landgerichts Osnabrück und gab der Klage einer Hundehalterin teilweise statt, die Schmerzensgeld und Schadensersatz von einem anderen Hundehalter verlangt hatte. Die Hunde der beiden Spaziergänger hatten im Wald miteinander gespielt; dabei war die Klägerin aus ungeklärter Ursache gestürzt, nachdem die Hunde auf sie zugelaufen waren.

Der Urteilstext kann auf der homepage unter Angabe des Aktenzeichens unter der Rubrik Entscheidungen aufgerufen werden.

Entscheidung:
Kommt ein Mensch zu Fall, weil mehrere Hunde im Spiel auf ihn zulaufen, haftet jeder Halter der beteiligten Hunde für den entstandenen Schaden, ohne dass es darauf ankäme, welcher Hund konkret den Sturz verursacht hat. Dies entschied am 04.02.2002 der 11. Zivilsenat des OLG Oldenburg. Eine Frau war mit ihrem Hund im Wald bei Osnabrück spazieren gegangen und hatte einen anderen Spaziergänger mit Hund getroffen. Beide ließen ihre Hunde von der Leine. Die Hunde balgten sich und liefen herum. Dabei kam die Frau zu Fall und zog sich u.a. einen schmerzhaften Lendenwirbelbruch zu. Sie verklagte den anderen Spaziergänger auf Schmerzensgeld und Schadensersatz mit dem Argument, sein Hund habe sie aus vollem Lauf umgeschmissen. Der andere Hundehalter verteidigte sich damit, dass die Frau gar nicht von seinem Hund umgeworfen worden sei, sondern bei einer Ausweichbewegung hingefallen sei, als beide Hunde im Spiel auf sie zugelaufen kamen. Das Landgericht Osnabrück wies nach Anhörung von Zeugen die Klage ab; die Klägerin habe nicht beweisen können, dass es gerade der Hund des Beklagten war, der sie umgeschmissen hatte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg änderte das Urteil und verurteilte den Beklagte dazu, die Hälfte des Schadens der Beklagten zu übernehmen. Er hafte nämlich als Tierhalter nicht nur, wenn feststünde, dass sein Hund die Klägerin umgeworfen hat, sondern auch dann, wenn die Klägerin bei einer Ausweichbewegung zu Fall gekommen war, nachdem sich ihr beide Tiere im Lauf genähert hatten. Welcher Hund letztlich die Klägerin umgestoßen habe und ob ein Hund die Klägerin überhaupt angestoßen habe oder diese bei einer Ausweichbewegung gestürzt sei, spiele in dieser Situation im Ergebnis keine Rolle. Der Tierhalter müsse nämlich für alle typischen Tiergefahren einstehen, die ihre Ursache in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens haben. Spielen und balgen zwei Hunde miteinander, bestehe die typische Gefahr, dass sie sich gegenseitig anstacheln und unkontrolliert umherlaufen und dabei möglicherweise einen Menschen umstoßen. Welcher der Hunde konkret den Zusammenstoß unmittelbar verursache, spiele in dieser Situation keine entscheidende Rolle, weil beide Hunde durch das gegenseitige Anstacheln zu der riskanten Situation beigetragen. Da im übrigen die Laufrichtung solcherart tobender Hunde nicht sicher vorhergesagt werden könne, hafteten die Halter auch dann, wenn sich ein Fußgänger angesichts der heranstürmenden Hunde verschätzt und bei einer Ausweichbewegung zu Fall kommt, ohne dass ihn einer der Hunde anstößt. Auch dieses Risiko sei durch die Tierhalterhaftung abgedeckt. Da im konkreten Fall aber auch der Hund der Klägerin gleichermaßen zu dieser Situation beigetragen habe, hafte der Beklagte der Klägerin nur zur Hälfte; den restlichen Schaden müsse die Klägerin selbst tragen.