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Kategorie: Mietrecht

Anspruch des Mieters auf Entschädigung

Mietvertrag, Grundstück, Bebauung, Besitzer, Bereicherung, Wertzuwachs, Entschädigung


BGH, Urteil vom 22.06.2001, Az. V ZR 128/00

Leitsatz:

Bereicherungsansprüche des Mieters wegen der Bebauung eines fremden Grundstücks in der berechtigten Erwartung des späteren Eigentumserwerbs (condictio ob rem) werden auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht durch §§ 994 ff BGB ausgeschlossen.

Aus der Urteilsbegründung:
"(...) 2. Das Berufungsurteil geht jedoch insoweit fehl, als es einen Anspruch der Beklagten auf Ausgleich der Werterhöhung der Grundstücke durch die Baumaßnahmen der Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative (condictio ob rem), § 818 Abs. 2 BGB verneint.

a) Die Beklagten haben die Baumaßnahmen als berechtigte Besitzer durchgeführt. Für das durch die "außerhalb und unabhängig von den Notarverträgen" erfolgte Überlassung des Besitzes begründete Rechtsverhältnis haben die Parteien am 26. Juli 1995 rückwirkend eine entgeltliche Regelung vereinbart. Auf dieses Rechtsverhältnis finden die Bestimmungen der §§ 535 ff BGB Anwendung. Das Mietverhältnis sollte dadurch enden, daß die Beklagten das Eigentum an den Grundstücken erwerben.

Die Bebauung der Grundstücke diente jedoch nicht dazu, die Mietsache zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern. Sie sollte nicht der Klägerin, sondern den Beklagten zugute kommen und ihnen mit dem vereinbarten Eigentumserwerb verbleiben. § 547 BGB schließt daher einen bereicherungsrechtlichen Anspruch der Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative, § 818 Abs. 2 BGB auf Ausgleich der Wertsteigerung, welche die Grundstücke durch die Baumaßnahmen erfahren haben, nicht aus.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Erwartung der Beklagten, die mit der Durchführung der Baumaßnahmen verbundene Wertsteigerung der Grundstücke werde nach der Beendigung des vereinbarten Mietverhältnisses nicht der Klägerin, sondern den Beklagten zugute kommen, geteilt. Damit waren sich die Parteien darüber einig, daß die Klägerin die Bauleistung der Beklagten nur im Hinblick auf die erwartete Eigentumsübertragung erhielt. Dieser übereinstimmend verfolgte Zweck kann nicht mehr erreicht werden. Die Erwartung der Parteien ist gescheitert, seit feststeht, daß der Kaufvertrag vom 19. Januar 1994 nicht durchgeführt werden wird. Folglich hat die Klägerin den Wertzuwachs, den die Grundstücke durch die Baumaßnahmen der Beklagten erfahren haben, nach § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative, § 818 BGB auszugleichen.

b) Das zwischen den Parteien für die Abwicklung des Kaufvertrages vereinbarte Recht der §§ 346 ff BGB steht diesem Anspruch nicht entgegen. Der Rechtsgrund der Bauleistung war weder der Kaufvertrag noch der Mietvertrag, sondern die gesondert getroffene Zweckvereinbarung. Zwar hatte sich die Klägerin durch den Kaufvertrag zur Grundstücksübertragung verpflichtet, jedoch war diese Verpflichtung nicht der Rechtsgrund der Bauleistung. Denn die Beklagten hatten den hierfür erforderlichen Besitz nicht aufgrund der kaufvertraglichen Verpflichtung, sondern "außerhalb und unabhängig" hiervon zur zweckbestimmten Nutzung (Durchführung von Baumaßnahmen) eingeräumt bekommen. Nach dem Vertrag sollte der Besitz erst mit der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises auf die Beklagten übergehen. An dieser Regelung haben Parteien auch bei den Änderungen des Kaufvertrages noch festgehalten, obwohl die Beklagten zu dieser Zeit längst im Besitz der Kaufgrundstücke waren.

c) Die condictio ob rem wird auch nicht durch die Vorschriften der §§ 994 ff BGB ausgeschlossen. Zwar finden die Vorschriften der §§ 987 ff BGB nach gefestigter Rechtsprechung auch auf den bei Geltendmachung des Vindikationsanspruchs nicht mehr berechtigten Besitzer Anwendung und schließen die Anwendbarkeit des allgemeinen Bereicherungsrechts aus. Dies gilt jedoch nicht für Bereicherungsansprüche wegen Baumaßnahmen auf fremdem Grund und Boden, die von einem berechtigten Besitzer in der begründeten Erwartung des späteren Eigentumserwerbs vorgenommen werden. (...)"