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Kategorie: Strafrecht

Falsche Aussage vor Gericht

Falschaussage, uneidliche Aussage, Meineid, Bewährung, Freiheitsstrafe


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 19.01.2000
OLG Oldenburg, Beschluss vom 01.12.1999, Az. SS 385/99 (I-160)

Falsche Aussage mit Folgen

Zusammenfassung:
In einem Strafverfahren wegen Körperverletzung, das mit einer Strafe von 6 Monaten endete, sagte ein Freund des Angeklagten unter Eid falsch aus. Er wiederholte die falsche Aussage in der Berufungsinstanz. Er wurde deshalb vom LG Oldenburg wegen Meineides, falscher uneidlicher Aussage und versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt, und zwar ohne Bewährung. Die Revision des Angeklagten gegen die Urteil hat das OLG Oldenburg verworfen.

Langinformation: Im Januar 1996 griff ein Kneipenbesucher einen anderen Gaststättenbesucher einseitig an. Er schlug sein Opfer mit einer Flasche, Faustschlägen und Fußtritten derart zusammen, dass es ein gebrochenes Nasenbein, eine Schädelprellung und zahlreiche Schnittwunden davontrug. Ein Freund des Schlägers beobachtete den Vorgang. Im Strafverfahren gegen den Schläger vor dem AG Delmenhorst sagte der Freund unter Eid aus, es habe sich um eine Prügelei zwischen den beiden gehandelt, eine Flasche sei nicht eingesetzt worden. Im Berufungsverfahren gegen den Schläger vor dem LG wiederholte er diese Angaben. Der Schläger wurde rechtskräftig verurteilt, und zwar zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Im September 1997 verurteilte das AG Delmenhorst den Freund, der falsch ausgesagt hatte wegen Meineids, versuchter Strafvereitelung und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen das Urteil des AGs legten Angeklagter und Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das LG verurteilte im Februar 1998 den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten; es setzte die Strafe zur Bewährung aus. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil des LGs Revision zum OLG ein, und zwar beschränkt auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung. Das OLG hob das Urteil hinsichtlich der Bewährungsentscheidung auf und wies die Sache insoweit an das LG zurück.

Das LG Oldenburg verurteilte daraufhin im Juli 1999 den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten ohne Bewährung. Nach § 56 des Strafgesetzbuches ist bei einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zwei Jahren eine Aussetzung zur Bewährung nur möglich, wenn nach einer Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Das Landgericht führte in seinem Urteil aus, dass solche Umstände nicht feststellbar seien: Die Tat selbst lasse solche Umstände nicht erkennen. Der Umstand, dass es sich bei dem Schläger, den der Verurteilte mit seinen falschen Aussagen schützen wollte, um einen seiner Jugendfreunde handelte, tauge dafür nicht. Es liege in der Natur der Aussagedelikte, dass diese häufig zugunsten guter Freunde oder gar naher Anverwandter begangen würden. Auch die Tatsache, dass der Verurteilte eine schwere Kindheit hinter sich hatte und nunmehr eine gewisse Stabilität in seinem Leben erlangt hatte - er hatte Arbeit gefunden und geheiratet - vermögte besondere Umstände nicht zu begründen. Gegen eine Aussetzung zur Bewährung spreche nämlich zum einen, dass der Verurteilte schon mehrfach vorbestraft war, und zwar auch mit Freiheitsstrafen. Die Falschaussagen hatte er in einem Zeitpunkt begangen, als er wegen einer anderen Straftat unter Bewährung stand. Die Beharrlichkeit, mit welcher er versucht habe, eine Bestrafung seines Freundes wegen der brutalen Körperverletzung zu vereiteln, lasse es als zum Schutz des Rechtsfriedens erforderlich erscheinen, die verhängte Freiheitsstrafe zu vollstrecken. Wörtlich heißt es im Urteil des LG dann:

"Insoweit sprechen auch generalpräventive Aspekte für die Vollstreckung der Strafe. Gleiches gilt hinsichtlich des Umstandes, dass die ... Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage in Gerichtsverfahren von Zeugen häufig nicht mehr mit dem erforderlichen Ernst beachtet wird. ... Derartigen Entwicklungen muss entgegengewirkt werden, um die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung zu gewährleisten. Zeugenaussagen bilden ein gewichtiges ... Beweismittel.... Ihre Richtigkeit muss zum Schutze von Opfern als auch von Tätern grundsätzlich gewährleistet sein."

Die Revision des Angeklagten gegen dies Urteil hat das OLG verworfen. Ein weiteres Rechtsmittel gibt es nicht.