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Kategorie: Ehe- und Familienrecht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde des Vaters im Fall der "gegenläufigen Kindesentführung"

Mutter, Vater, Kinder, Frankreich, Kindesentführung, Herausgabe, Sorgerecht, Eltern, Trennung, Besuch, Wohnung, HKiEntÜ, Gericht


Pressemitteilung des BVerfG vom 01.04.1999, Nr. 41/1999
Beschluss vom 31.03.1999, Az. 2 BvR 559/99

Erfolglose Verfassungsbeschwerde des Vaters im Fall der "gegenläufigen Kindesentführung"

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat im Falle der "gegenläufigen Kindesentführung" die Verfassungsbeschwerde des Vaters gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Celle (OLG) vom 12. März 1999, die beiden minderjährigen Kinder an die Mutter zurückzugeben, einstimmig nicht zur Entscheidung angenommen.

I.
Das BVerfG hatte mit Beschluß vom 29. Oktober 1998 auf eine Verfassungsbeschwerde des Vaters die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen (vgl. Pressemitteilung Nr. 131/98 vom 25. November 1998) und mit Beschluß vom 11. März 1999 dem Vater im Falle einer für ihn ungünstigen OLG-Entscheidung vorläufigen Rechtsschutz gewährt (vgl. Pressemitteilung Nr. 30/99 vom 12. März 1999). Der Mutter war es aufgrund dieser einstweiligen Anordnung vorläufig, längstens für die Zeit von zwei Wochen nach Zugang der Gründe der OLG-Entscheidung, nicht gestattet, mit den Kindern nach Frankreich auszureisen. Die Zustellung der OLG-Entscheidung an die Verfahrensbeteiligten ist am 24. März 1999 erfolgt. Das OLG hat entschieden, daß die Kinder der Mutter zurückzugeben seien.

Gegen diesen Beschluß wendete sich der Vater mit einer am 26. März 1999 beim BVerfG eingegangenen Verfassungsbeschwerde.

II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Mutter kann nunmehr mit den Kindern nach Frankreich ausreisen.

Zur Begründung hat die Kammer u.a. ausgeführt:

Grundrechte des Beschwerdeführers sind nicht verletzt. Die Rückführungsentscheidung des OLG orientiert sich am Kindeswohl und rechtfertigt damit den mit ihr verbundenen Eingriff in das Elternrecht des Beschwerdeführers aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG.

Der Beschluß des OLG genügt den Anforderungen der Entscheidung des Zweiten Senats vom 29. Oktober 1998. Er nimmt eine ausführliche materielle Prüfung des Kindeswohls vor und sichert durch die Bestellung einer Verfahrenspflegerin die Grundrechte der Kinder auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht.

Das OLG ist unter Heranziehung eines psychologischen Sachverständigengutachtens und nach Anhörung der Kinder zu dem Ergebnis gelangt, daß das Kindeswohl im konkreten Fall trotz der gegenläufigen Rückführungsanträge eine Rückkehr zur Mutter verlangt. Eine Nachprüfung der dabei zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen und der im einzelnen vorgenommenen Abwägungen ist nicht Sache des BVerfG.

Auch die für die Kinder bestellte Verfahrenspflegerin hat sich für eine Rückkehr der beiden Kinder zu ihrer Mutter nach Frankreich ausgesprochen.

Unabhängig von der Frage, ob der vom OLG gewählte strenge sorgerechtliche Prüfungsmaßstab bei gegenläufigen Rückführungsanträgen geboten ist, widerspricht es jedenfalls nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn das OLG die durch die gegenläufigen Rückführungsanträge hervorgerufene erhebliche Unsicherheit reduziert, indem es sich ausnahmsweise im Rückführungsverfahren von sorgerechtlichen Maßstäben leiten läßt. In der Feststellung des OLG, daß in einer Sorgerechtsentscheidung der Mutter das Sorgerecht zuzusprechen wäre, liegt ein besonderer Anhaltspunkt, der eine Rückführung der Kinder nach Frankreich rechtfertigen kann, obwohl dort noch nicht über die Anträge im Sorgerechtsverfahren und im Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen rechtskräftig entschieden ist.