Brand durch nicht ausgelöschte Kerzen
Hausratversicherung, Brand, Fahrlässigkeit, Verschulden, Verlust, Schadensersatz
Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 04.01.2000
OLG Oldenburg, Urteil vom 29.09.1999, Az. 2 U 161/99
Brand durch nicht ausgelöschte Kerzen
Zusammenfassung:
Entsteht durch vergessene Adventskerzen ein Brand, kann sich die Hausratversicherung nicht immer auf grobe Fahrlässigkeit berufen. In einem Fall, der nun vom OLG Oldenburg entschieden wurde, war ein Wohnungsbrand durch Kerzen verursacht worden, die nicht gelöscht worden waren, als die Familie am 1. Weihnachtsfeiertag 1998 Verwandte besuchte. Die Mutter hatte sie vergessen, weil es beim Aufbruch einen heftigen Streit mit ihrem ältesten Sohn gegeben hatte. Das OLG Oldenburg hielt aufgrund dieser besonderen Umstände zwar ein Verschulden, aber keine grobe Fahrlässigkeit für gegeben.
Langinformation:
In Wallenhorst bei Osnabrück hatte eine Familie am 25.12.1998 zum Mittagessen die Kerzen des Adventskranzes angesteckt. Nach dem Essen besuchte der Vater seinen Großvater. Um 15.00 Uhr war die Familie bei einem Verwandten eingeladen. Die Mutter begann eine halbe Stunde vorher, die drei Kinder fertig zu machen. Der 1o-jährige Sohn erklärte plötzlich, er wolle auf keinen Fall mitkommen. Es gab einen lauten Streit. Kurz vor 15.00 kam der Vater wieder, blieb im Auto und hupte. Die beiden Mädchen liefen zu ihm. Die Mutter musste den 1o-jährigen zur Tür hinausschieben. Obwohl sie vorgehabt hatte, die Kerzen zu löschen, vergaß sie dies im Trubel des Aufbruchs. Als die Familie gegen 18.00 Uhr zurückkam, waren weite Teile der Wohnung ausgebrannt.
Der Vater verlangte von seiner Hausratversicherung knapp 50.000,- DM für die beim Brand zerstörten Hausratsgegenstände. Die Versicherung verweigerte die Zahlung, weil sie meinte, die Mutter habe den Brand grob fahrlässig verursacht. Das Landgericht Osnabrück war der gleichen Ansicht und wies die Klage gegen die Versicherung ab.
In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht Oldenburg die Versicherung zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung führt das Gericht aus:
"Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet das Brennenlassen einer Kerze in unbeaufsichtigtem Zustand nicht ohne weiteres stets den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Insbesondere, wenn etwa ein Versicherungsnehmer beabsichtigt, eine oder mehrere brennende Kerzen zu löschen, und er sich nur durch eine kurzfristige Ablenkung von dem beabsichtigen Auslöschen abbringen lässt, spricht dies in der Regel gegen ein grob fahrlässiges Verhalten. So ist ein grob fahrlässiges Verhalten etwa verneint worden, wenn eine Person aufgrund eines Telefongespräches einen Raum mit brennenden Kerzen in einem Adventsgesteck vorübergehend verlässt oder ein Versicherungsnehmer zu Weihnachten brennende Kerzen zu löschen vergisst, weil ein kleines Kind quengelt und er sich deshalb bereit findet, einen neuen Puppenwagen vor dem Hause auszuprobieren.".
Insbesondere dem letzten Fall ähnele der vom OLG Oldenburg zu entscheidende Rechtsstreit. Der Mutter sei zwar ein nicht unerhebliches Verschulden vorzuwerfen. Unter Berücksichtigung der Umstände beim Aufbruch der Familie sei dieses aber nicht als schlechterdings unentschuldbar und damit nicht als grob fahrlässig einzustufen.
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