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Kategorie: Zivilrecht

Zur Aufklärungspflicht bei Sterilisation

Sterilisation, Untersuchung, Schadensersatz, Nachweis, Eingriff, Rekanalisation


Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 03.03.1999
OLG Oldenburg, Urteil vom 03.11.1998, 5 U 67/98

Zur Aufklärungspflicht bei Sterilisation

Zusammenfassung:
Wenn ein Mann von einem Arzt Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Nachuntersuchung, die bei einer Sterilisation notwendig ist, verlangt, muss er beweisen, dass der Arzt ihn nicht auf die Notwendigkeit der Nachuntersuchung hingewiesen hat.

Langinformation:
Ein Mann, der schon drei Kinder hatte, entschloss sich 1991 zur Sterilisation. Diese wurde von einem niedergelassenen Urologen im Dezember durchgeführt, indem ein Teilstück des Samenleiters entfernt und die verbleibenden Enden des Samenleiters verknotet bzw. umgeklappt und verknotet wurden. Der Erfolg der Operation wurde - durch Untersuchung von Spermaproben- im Januar, Februar und März 1992 kontrolliert und bestätigt.

Bei Sterilisationen kann trotz vollständiger Unterbrechung des Samenleiters nie ausgeschlossen werden, dass der Samenleiter wieder zusammenwächst und wieder funktionsfähig wird (sog. Rekanalisation). Deshalb ist ein Jahr nach dem Eingriff eine vierte Nachuntersuchung notwendig. Zu dieser erschien der Mann nicht.

1995 wurde die Ehefrau des sterilisierten Mannes erneut schwanger und gebar einen Sohn.

Der Mann verklagte den Urologen vor dem Landgericht Oldenburg auf Zahlung des Unterhalts für den Sohn. Er behauptete, der Arzt habe die Sterilisation nicht fachgerecht durchgeführt. Außerdem sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass eine 4. Untersuchung ein Jahr nach dem Eingriff notwendig sei.

Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein, vernahm den Kläger als Partei und vernahm Zeuginnen aus der Praxis. Es wies die Klage ab. Der Patient legte Berufung ein. Diese hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 3.11.1998 zurückgewiesen.

Zum angeblichen Behandlungsfehler führt es aus:

"... Auf der Grundlage der eingehenden Sachverständigenberatung steht fest, dass der Beklagte die Sterilisation im Einklang mit den medizinischen Behandlungsregeln ordnungsgemäß vorgenommen hat. ... [Es] steht nach den gutachterlichen Äußerungen fest, dass aufgrund der festgestellten Länge des entnommenen Gewebes die Art des Unterbindens der Samenleiterenden für den Eingriffserfolg nicht im Vordergrund steht; vielmehr ist die völlige Durchtrennung der Samenleiter unbedingt sicherzustellen. Das hat der Beklagte ... auch erreicht, denn bei allen nach dem Eingriff durchgeführten Untersuchungen verliefen die dabei vorgenommenen Spermiogramme negativ. ... Der Beklagte hat in den Krankenunterlagen zu dem von ihm vorgenommenen Eingriff vermerkt:" Vasoresektion und Ligatur bds.". Daraus ergibt sich, dass der Beklagte die Samenleiterenden verschlossen hat. Auf welche Weise dies geschehen muss, musste in den Krankenunterlagen nicht dokumentiert werden. "

Zur fehlenden Aufklärung über die Notwendigkeit der Nachuntersuchung führt das OLG aus, dass der klagende Patient beweispflichtig dafür sei, dass der Arzt seine Pflicht zur Aufklärung nicht erfüllt habe. Das Landgericht hatte hierzu bereits Zeuginnen aus der Arztpraxis vernommen, die bestätigt hatten, dass der Kläger zu Nachuntersuchungen aufgefordert worden sei. Das OLG vernahm zusätzlich noch den Arzt als beklagte Partei. Dieser erklärte ebenfalls, er habe den Patienten im erforderlichen Umfang aufgeklärt. Der Senat führt in seiner Beweiswürdigung aus:

" Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Beklagte die naheliegende Vorsichtsmaßnahme versäumt hat, sich seine Hinweise schriftlich bestätigen zu lassen. Gegen das Unterbleiben jeglicher Aufklärung spricht aber, dass der Kläger unstreitig auf die Notwendigkeit weiterer Vorsorgemaßnahmen, insbesondere der postoperativen spermographischen Untersuchungen hingewiesen worden ist. Seine Angaben .. dass ihm Sinn und Zweck der Nachuntersuchungen nicht erklärt worden seien, erscheinen wenig glaubhaft, zumal er eingeräumt hat, dass ihm vom Beklagten angeraten worden ist, in der ersten Zeit Verhütungsmaßnahmen zu ergreifen ..."

Der Senat kommt dann zu dem Ergebnis, dass der Patient nicht bewiesen hat, dass er nicht hinreichend aufgeklärt war. Da der klagende Patient hierfür beweispflichtig war, war zugunsten des beklagten Urologen davon auszugehen, dass er hinreichend aufgeklärt hatte.

Hinweis: Die Entscheidung wird demnächst in der Fachzeitschrift NJW-RR veröffentlicht.